Der Valentinstag, der Tag der Liebe, hat bei uns einen hohen Stellenwert und wird sehr ernst genommen. Das heisst, es geht an diesem Tag, vor allem bei den jungen Leuten, wirklich und konkret um Liebe.

Nun hat das DOH (Department of Health / Gesundheitsministerium) gestern in einem Artikel im Philippine Inquirer, einer grossen philippinischen Tageszeitung, verlauten lassen, dass dieses Jahr, anders als im Vorjahr, keine Kondome gratis an die interessierte Bevölkerung abgegeben würden.

Die örtliche Bischofskonferenz war über diesen Entschluss sehr erfreut. Und das Ministerium für Gesundheit hat diesem Entschluss auch noch gleich einen guten Rat an die jungen Leute mitgegeben: Man möge sich doch bitte enthalten, Abstinenz üben, wie die katholische Kirche

– die hier enorm präsent und einflussreich ist – das vorschreibt. Und was empfiehlt das Gesundheitsministerium zur Erleichterung dieses zugegebenermassen etwas schwierigen Vorhabens der Abstinenz?

Machen Sie anstelle doch Spaziergänge, empfiehlt das DOH, aber möglichst nicht zu zweit, denn da könnte man ja schwach werden, sondern in Gruppen. Das kann doch auch sehr schön und lustig sein.

Spaziergänge! Wenn Sie jetzt den Kopf schütteln und denken, ich mache Witze um etwas in meinen Blog zu schreiben: mitnichten. Hier eine Kurzzusammenfassung der RH-Bill (Reproduction Health Bill / Gesetz betreffend gesundes Bevölkerungswachstum.) Fakt ist: Wegen teilweise fehlender Familienplanung wächst die Bevölkerung zu schnell, und dies gerade bei den Armen und Ärmsten, bei denen zwölf Kinder, die sie eh nicht ernähren können, keine Seltenheit sind.

Nun diskutierte die Legislative während mehr als zwanzig Jahren dieses vorgenannte Gesetz zu einer gesunden Familienplanung für alle, das auch die kostenlose Abgabe von Verhütungsmitteln an die arme Bevölkerung vorsah. Dieses Ansinnen trieb die Bischöfe und Pfarrer auf die Barrikaden: sie propagierten das katholische „pro-live“ und bekämpften die Initiative mit allen Mitteln und bis aufs Messer. Das Gesetz wurde aber trotzdem im Dezember 2013 durch beide Kammern (Kongress und Senat) angenommen. Die Gegner haben dann flugs beim Obersten Gericht Nichtigkeitsbeschwerde eingereicht mit einem Teilerfolg.

Der geht so: Das Gesetz sagt, dass wenn Sie in ein Spital gehen und Hilfe aufgrund des neuen Gesetzes erbitten, es im Ermessen der behandelnden Schwester ist, ob Sie diese Hilfe auch bekommen. Wenn die Schwester das mit ihrem Gewissen vereinbaren kann, dann ja. Wenn nicht, dann nein. Wieder mal so ein philippinischer Kompromiss.

Aber das ist ja alles gar nicht schlimm, weil es mit der gelebten und praktizierten Realität so gut wie nichts zu tun hat. Realität ist, dass Kondome überall billig zu haben sind, und den ganz Armen gibt sie das örtliche Health Center, das jede Gemeinde hat, gratis ab. Realität ist, dass es bei uns in Cebu keine übergrossen Familien mehr gibt, weil alle bewusst Familienplanung betreiben, katholische Kirche hin oder her. Am Sonntag gehen sie, als gute, gläubige Christen, trotzdem zur Messe. Realität ist, dass übergrosse Familien nicht deshalb entstehen, weil Mittel zur Familienplanung nicht erhältlich sind, sondern weil die katholische Doktrin der Enthaltsamkeit zu tief in den Köpfen der Betroffenen steckt, aber dann am Ende halt doch nicht funktioniert.

Wenn Sie, als kleine Seele auf der Wolke sitzend, herunter schauen und eigentlich ganz gerne als Mensch geboren werden möchten, ist es Ihnen ziemlich egal, ob Ihre Wahleltern Sie nicht wollen, indem sie ein Kondom benützen, oder indem sie sich an die katholische Regel der „natürlichen“ Familienplanung – sprich Abstinenz – halten. Da bleibt Ihnen doch nur die Hoffnung auf einen kleinen „Betriebsunfall“ und schwupps: Dann haben Sie gewonnen!

Mit freundlichem Gruß

Paul Gerschwiler