Man sollte meinen, das Wort ja habe eine klare und unmissverständliche Bedeutung, nämlich eben: ja.
Nun sitzen Sie als Cebuano-Greenhorn vielleicht einmal einer hübschen Cebuana gegenüber, bei einem Kaffee zum Beispiel, und versuchen, sie in ein möglichst animiertes Gespräch zu verwickeln. Da werden Sie ihr früher oder später eine Frage stellen, die sie eigentlich mit Ja (oder vielleicht auch Nein) beantworten müsste. Und jetzt wird es spannend.
Ist die Dame nämlich mit unseren westlichen Sprachgewohnheiten wohl vertraut und will Ihnen entgegenkommen, wird sie mit yes (oder vielleicht no) antworten. Hält sie sich aber bewusst an die lokale Form der Kommunikation, dann sagt sie gar nichts. Ja was denn? Das war doch eine ganz einfache Frage. Sie denken, sie hätte Sie vielleicht nicht verstanden und fragen nochmals. Und wiederum sagt sie nichts. Stumm.
Natürlich haben die Cebuanos ein Wort für Ja. Aber das verwenden sie meist nur am Telefon, wenn sie sich nicht sehen. Wenn sie sich aber sehen, sagen sie ja mit einem ganz leichten Anziehen der Augenbrauen, so leicht, dass Sie als Cebuano-Greenhorn es glatt übersehen. So grüssen sie sich auch. Sie erstellen kurzen Augenkontakt und ziehen dabei ganz leicht die Augenbrauen hoch. Heisst soviel wie: hallo, grüss dich. Wenn dann noch leichtes, stummes Lächeln dazukommt, ist das ein sehr freundliches hallo, grüss dich. Stummfilm.
Es gibt aber Situationen, wo Ihr Cebuano Gesprächspartner dann wirklich ja sagt. Das ist aber ein Cebuano ja und kann uns Westerners sehr verwirren. Ein Cebuano ja kann genau das meinen, eben – ja. Es kann aber sehr wohl auch meinen vielleicht, oder ich weiss nicht, oder wenn du das sagst, oder wenn du meinst, oder ich hoffe, ich habe unenthusiastisch genug ja gesagt, damit du verstehst, dass ich nein meine.
Ein Cebuano wird, im ablehnenden Sinne, nicht nein zu Ihnen sagen. Darum müssen Sie, wenn Sie sich mit jemandem verabreden, wirklich sicherstellen, dass ein ja ein ja ist, und nicht ein vielleicht, oder ein ich weiss nicht oder gar ein nein, sonst haben Sie einen Tisch für zwei bestellt und geniessen dann die Ruhe des Alleinseins.
Wenn Sie einen Cebuano zu sich einladen, so zum Beispiel: „Kommen Sie mich doch mal besuchen“ und er antwortet Ihnen: „Ja, sicher, an einem der nächsten Tage“ (original englisch: Oh, sure, in one of these days) dann ist das eine höfliche Form der Absage. An einem der nächsten Tage heisst nein oder nie.
Und seien Sie vorsichtig, wenn Sie einen Cebuano nach dem Weg fragen. Wenn er es weiss, wird er es Ihnen gerne sagen. Wenn er es nicht weiss, wird er es Ihnen trotzdem gerne sagen. Wo Sie dann landen werden, weiss ich dann auch nicht.
Manche Cebuano-Greenhorns, die mich besuchen, erklären mir glücklich und voller Freude, wie freundlich sie von den Einheimischen aufgenommen worden seien und wieviele Freunde sie bei geselligem Zusammensein (über Bier, Rum oder Tuba natürlich) schon gewonnen hätten. Ja, die Cebuanos haben ein freundliches Naturell, die meisten wenigstens, aber das heisst nicht, dass Sie über einem geselligen, vielleicht etwas feuchten Abend deren Freundschaft schon gewonnen, und noch lange nicht, dass Sie Ihre neuen lokalen Bekannten schon wirklich verstanden hätten.
Mit freundlichem Gruß
Paul Gerschwiler